Der kleine König und die Poltergeister
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Der kleine König und die Poltergeister
 
Am Morgen regnete es. „Schau nur“, sagte die kleine Königin. „Der Regen zieht silberne Fäden vom Himmel bis zur Erde.“ „Ja“, antwortete der kleine König. „Das sieht sehr hübsch aus.“ 
Er war eben dabei, die Briefe und E-Mails zu lesen, die die Leute aus seinem Land ihm geschrieben hatten. Dazu machte er sich eine Menge Gedanken, denn es ist nicht so einfach, ein König zu sein. Aber es dauerte nicht lange, da störte die Königin ihn schon wieder. „Schau nur!“, rief sie. „Jetzt schneit es! Es schneit!“ Und weil das natürlich wunderschön war, unterbrach der kleine König seine Arbeit und sie guckten zusammen zum Fenster hinaus. Immer größer wurden die Flocken und bald war der königliche Park ganz und gar weiß. „Morgen können wir Schlitten fahren“, sagte der kleine König. Die kleine Königin nickte. „Ja. Aber jetzt sollten wir die Vögel füttern.“ 
So trugen sie Körner nach draußen. Und als sie die Hühnchen im Schnee stehen und frieren sahen, luden sie sie ein mit ins Schloss zu kommen. Am Abend war es sehr still.
Das lag daran, dass der Schnee alle Geräusche fortzaubern kann. Die kleine Königin kochte einen großen Topf Grießbrei und als sie gegessen hatten, zogen sie ihre warmen Schlafanzüge an und gingen zu Bett. 
Der kleine König fing eben an von Schneemännern zu träumen, die ihm Briefe brachten, als die Königin ihn weckte. „Ich höre Geräusche!“, flüsterte sie. „Jemand ist im Schloss!“ „Das werden die Hühnchen sein“, brummte der kleine König. Er drehte sich um und schlief wieder ein. Die Hühnchen aber saßen auf den Stuhllehnen und den Lampenschirmen und hatten ihre Augen fest geschlossen. „Kleiner König!“, die Königin rüttelte ihn an der Schulter. „Die Hühnchen schlafen. Es muss ein Einbrecher sein!“ Jetzt hörte der kleine König auch, dass es rumpelte. Weil er aber so gerne weiterträumen wollte, sagte er: „Dann ist es die Katze Schnurzelbum.“ „Nein“, sagte die Königin. „Die Katze liegt bei mir unterm Federbett.“


Der kleine König war inzwischen richtig wach geworden. „Na ja“, meinte er, „es sind wohl die Poltergeister. Denen ist es draußen auch zu kalt.“ Da kriegte die Königin erst recht Angst. „Bitte“, sagte sie, „setz deine Krone auf und schau nach!“ Der kleine König seufzte. Die Geräusche kamen von oben. Also stieg er zum Dachboden empor. „Wer ist da?“, rief er und machte seine Stimme ganz tief. Da raschelte es und er blickte in viele leuchtende Augenpaare. Sechs Siebenschläfer hockten da, vier Mäuschen und ein Dachs. „Oh König!“, piepsten sie. „Bitte schick uns nicht fort! Wir hatten so kalte Füße. Darum haben wir getanzt.“ Der kleine König musste lachen. Und natürlich durften sie bleiben. Als er seiner kleinen Königin erzählte, wer den Lärm gemacht hatte, war sie beruhigt. „Hoffentlich hast du sie auch zum Frühstück eingeladen“, flüsterte sie noch. Dann schlief sie sofort ein.
Entnommen aus "Geschichten vom kleinen König" von Gina Ruck-Pauquèt und Hartmut Bieber (Erschienen bei Coppenrath).
WEITERE BILDER FOLGEN!!
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